„Am schönsten ist es im Stadion“

Wenn es in ganz Deutschland eine Kneipe gibt, in der man mal sein eigenes Fußballbuch oder eine Doku präsentieren MUSS, wenn man es darf, dann ist es ganz sicher das „Stadion an der Schleissheimer Straße“ in München. Bei Inhaber und KSC Fan Holger Britzius geht nämlich die Creme de la Creme der hiesigen Fußballbuch-Autoren ein und aus. Neben den mit Schals, Wimpeln und Trikots aus allen Jahrzehnten geschmückten Wänden bezeugen unzählige Plakate von Frank „Buschi“ Buschmann, Wolf C. Fuss, Ben Redelings und vielen anderen „Edelfedern“ diesen Umstand.

In diesem Refugium des fußballbezogen-geschriebenen Worts sein Buch präsentieren zu können, ist auch den beiden Fußball-Thekenphilosophen Thomas Wagner (RTL) und Ralf Friedrichs eine sehr große Ehre gewesen. Am Dienstag, den 9.11.2021 war es schließlich so weit, die Veranstaltung konnte unter genauer Einhaltung aller vorgegebenen Corona-Maßnahmen durchgeführt werden. Die Zuschaueranzahl war unter den gegeben Umständen extrem erfreulich. Gerade Thomas Wagner hatte aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in München aus seiner DSF-Zeit, viele Weggefährten ins „Stadion“ locken können. Auch der ein- oder andere FC-Fan im Münchner Exil hatte aufgrund der „Neulich im Geißbockheim“ Bücher oder auch der FC-Talks von Ralf Friedrichs  den Weg in die Kult-Kneipe des runden Leders gefunden.

 

Im Zuschauerbereich fand sich schließlich auch der eine oder andere dem Fußballfan bekannte Name. Sky-Kommentator Michael Leopold war unter anderem ebenso vor Ort wie seine Kollegen Toni Tomic (Sky) und Uwe Morawe (DAZN) sowie Katharina Kleinfeldt (Sky) um nur einige zu nennen.

 

Pünktlich um 20 Uhr begann im weiten Stadionrund die große Fußball-Philosophie Stunde der Autoren aus ihrem Buch „Die Fußball-Thekenphilosophen“. Natürlich von der Theke des „Stadions“ aus, die ein wenig wie eine Kanzel in der Kirche wirkt. Aus dem Buch selbst wurde nun aber keine Predigt abgelesen, allerdings wurden einige der in der Publikation besprochen Themen im Free-Style Kneipendialog  widergegeben.

 

Heldentaten auf dem Platz

Zu Beginn waren gerade die Anekdoten rund um eigene Fußball-Heldentaten der passende Beginn, saßen im Publikum doch genügend Protagonisten, welche die von Wagner vorgetragenen „Dönekes“ auf den Wahrheitsgehalt überprüfen konnten. Immerhin waren viele Mitglieder des legendären DSF-Fußballteams anwesend, welches sich als Titelmaschine (5x Deutscher Medienmeister und 1x Europameister) tief in die Annalen verankert hat. Klar, dass hier die eigenen Duelle im Endspiel gegen Italien vorgetragen wurden. Einen Wimpeltausch mit Guiseppe Bergomi sowie das Aufeinandertreffen mit Paolo Rossi hat man nicht jede Woche.

 

Über die beiden Weltmeister von 1982 fand man schnell den thematischen Steilpass zur Weltmeisterschaft von 1982 in Spanien. Hier holte Wagner zur knallharten Medienkritik aus, wurde sein HSV-Hero Manfred Kaltz doch in der mitgebrachten Zeitung des Tages nach dem WM-Finale doch äußerst bescheiden benotet. Friedrichs hingegen freute sich, das FC-Legende Pierre Littbarski in einer blassen deutschen Endspiel-Elf als einer der besten DFB-Spieler gewürdigt wurde … vergaß aber nicht den Hinweis, dass es sich bei der Zeitung um den vielleicht etwas rot-weiss gefärbten Express aus Köln handelte.

 

Die Expertise der WM-Hostessen 

 

Thomas Wagner hingegen glänzte erneut mit ausgeprägtem Fachwissen, als er anmerkte, das der brasilianische Star Edér von den weiblichen WM-Hostessen gesondert gewürdigt wurde. Schließich hatten diese das Hinterteil des Spielers in einer Abstimmung als das knackigste des Turniers gekürt. Diese Expertise, die bis dato zu Unrecht kaum bekannt war, beweist somit eindeutig, dass man mit dem Buch „Die Fußball-Thekenphilosophen“ auch peinliche Wissenslücken auffüllen kann.

 

Überhaupt wurden die Brasilianer der Weltmeisterschaften 1982 und 1986 als wohl beste Mannschaft angepriesen, die jemals „Nicht-Weltmeister“ wurde. Aus dem Hintergrund kam zurecht der Ruf, dass man die Ungarn aus dem Jahr 1954 da aber nicht vergessen dürfe. Aufgrund des jugendlichen Alters der Autoren konnte dies aber nicht persönlich überprüft werden.

Aufgrund der Tatsache, dass im November 2015 der Film „Heinz Flohe – Der mit dem Ball tanzte“ im Stadion an der Schleissheimer Strasse unter großem Erfolg gezeigt wurde, sprach Wagner seinen Autorenkollegen auf den FC-Star an … und hatte danach erst einmal Pause. Einmal auf das Kindheits-Idol angesprochen, folgte ein längerer Beitrag des leidenschaftlichen FC-Fans zur Aufklärung bzgl. eines überregional zu Unrecht vergessenen Weltklasse-Kickers. Dabei kam es zu einer großen Überraschung, denn auf die Frage von Friedrichs in die Zuschauermassen nach dem größten Erfolg des Spielers, wusste niemand die richtige Antwort.

 

Sensation um Heinz Flohe

Das Double 1978 wurde genannt, jedoch nicht der WM-Titel von 1974, als Flohe an drei Spielen teilnahm und somit auch aktiven Anteil am Erfolg hatte. Das aber dieser Umstand zunächst von den TV-Sportprofis im Publikum leicht angezweifelt wurde, darf (mit leichtem Augenzwinkern) als kleine Sensation gewertet werden. Immerhin waren Experten im Saal, die ansonsten auch die Lieblingssockenfarben aller WM Spieler von 1930 kennen. Nun denn, auch Messi und Ronaldo versenken nicht jeden Ball.

Letztlich gab es weitere Anekdoten aus dem Bereich der Fußball-TV-Übertragungen. So gestand Thomas Wagner einen veritablen Fehlgriff bei der strengen Kleiderausstattung seines damaligen TV-Senders Sky. Bei einem Champions League Spiel hatte er versehentlich das etwas saloppere Bundesliga-Outfit und nicht das doch edlere Stöffchen für die Königsklasse in seinen Koffer gepackt. Immerhin, der Nordpol-kompatible Wintermantel für die Champions League war mit dabei … und so erkannte man am Bildschirm einen dick eingepackten Moderator am Spielfeldrand, während im Hintergrund Menschen im Halbarm Polo Shirt den Spielfeldrand bevölkerten.

 

Der "Mantel der (TV) Geschichte"

 

Auch beim anschließenden Interview bei 43 Grad in den Stadion Katakomben waren es nicht die Antworten der Spieler, die Wagner ins Schwitzen brachten. Das für einen halb-lauen März-Abend nicht ganz passende Outfit entfaltete auch hier seine schweißtreibende Wirkung und Jahre später  für Gelächter im "Stadion an der Schleißheimer Straße".

 

Nach gut 70 Minuten war die „Freistil-Lesung“ schließlich beendet, doch natürlich ging es noch mit den Zuschauern in die Verlängerung. Hier wurde gefachsimpelt, was das Zeugs hielt und natürlich wurden auch Bücher verkauft. Hier zeigte sich, dass neben dem Thekenphilosophen-Werk ebenso ein großes Interesse am brandneuen Buch über Maurice Banach – Sie nannten ihn Mucki vorhanden war. Einige wenige bereits verfügbare, noch druckfrische Exemplare wechselten direkt den Besitzer. Das Buch wird erst in den nächsten Tagen offiziell in den Handel kommen.

Gegen Ende bat Stadion-Inhaber Holger Britzius noch zum Abschluss-Gruppenfoto (siehe oben), welches nun eine bleibende Erinnerung an einen tollen Abend darstellen wird. Gerne kommen die Thekenphilosophen eines Tages wieder, denn am schönsten ist … es so oder so … im Stadion!

Auf einen tollen Abend ...
Auf einen tollen Abend ...